Warum es unmöglich ist, seine Persönlichkeit zu ändern
Du hast es sicher schon oft gehört: „Du kannst alles sein, was du willst – du musst es nur wirklich wollen!“ Ob diese Lebensweisheit aus dem Motivationsseminar, dem Fitnessstudio oder dem Kühlschrank-Magnet-Sortiment stammt, sei dahingestellt. Doch laut Prof. Dr. Dr. Roth, renommierter Neurobiologe und Experte für das menschliche Gehirn, ist diese Idee nicht nur unrealistisch, sondern schlichtweg falsch.
„Spoiler-Alarm: Dein Hirn ist einfach nicht dafür gemacht, dein Leben komplett auf links zu drehen.“
Es ist absolut unmöglich, seine Persönlichkeit zu ändern. Punkt.
Während Psychologen weltweit darüber debattieren, ob man mit genug Meditation, Therapie oder einer Midlife-Crisis zur Erleuchtung gelangen kann, bleiben andere Wissenschaftler eisern: „Persönlichkeit ist wie ein schlechter Tattoo-Spruch – bleibt für immer.“
Der Persönlichkeits-Betonmischer in deinem Kopf
Die Persönlichkeit eines Menschen ist zu großen Teilen durch Genetische/ Epigenetische Faktoren und die frühen Erfahrungen in der Kindheit geprägt. Anders ausgedrückt: Dein Gehirn ist wie ein Betonmischer – die Grundzutaten (Gene) und der erste Mix (Kindheit) bestimmen, wie fest der Beton wird. Später noch einen extra Schuss „Optimismus“ oder „Geduld“ reinzukippen? Viel Glück! Der Beton ist längst ausgehärtet.
Das Gehirn: Meister der Gewohnheit
Warum ist es so schwer, sich grundlegend zu ändern? Roth erklärt, dass unser Gehirn so programmiert ist, dass es Energie spart und nach bekannten Mustern funktioniert. Es liebt Routinen! Wenn du also jahrelang morgens muffelig bist und auf dem Weg zur Arbeit alle anknurrst, wird dein Gehirn diese „Morgens bin ich ein Grizzly“-Routine eisern verteidigen. Eine radikale Änderung wäre für das Gehirn so, als würdest du es bitten, den Mount Everest im Rückwärtsgang zu besteigen.
Motivation allein reicht nicht
Aber was ist mit den zahllosen Erfolgsgeschichten von Menschen, die ihr Leben angeblich komplett umgekrempelt haben? Schmunzeln: Die Persönlichkeit lässt sich in Nuancen anpassen, aber nicht grundlegend verändern. Du kannst lernen, höflicher zu sein oder deine Zeit besser einzuteilen, aber ein introvertierter Mensch wird nicht plötzlich zum Partytiger – zumindest nicht langfristig. Selbst im Zeitmanagement gibt es unterschiedliche Typen. Der Kalender Papier oder elektronisch, das Bullet Journal, die vier Quadrate oder eben der „Hab ich alles im Kopf Kalender und die Mischtypen.
Wie bleibt man trotzdem motiviert?
Bevor du jetzt deprimiert deinen Smoothie der Veränderung in den Ausguss kippst, hier die gute Nachricht: Kleine Veränderungen sind möglich und können eine große Wirkung haben. Wir können durch bewusste Entscheidungen und Training bestimmte Verhaltensweisen verbessern. Aber diese Veränderungen bewegen sich innerhalb der Grenzen deiner Persönlichkeit – der „Beton“ bleibt also stabil, aber ein paar bunte Farben draufstreichen ist durchaus drin.
Learning: Psychologin Phillippa Lally vom University College in London stellte fest, das es Ø66 Tage dauert um eine einfache Gewohnheit zu etablieren, komplexere dauern etwa die 1,5-fache Zeit. Achtung: Das sind Verhaltensweisen nicht Deine Persönlichkeit…
Aber was ist mit Selbsthilfe-Büchern und „Neuerfindung“?
Eine kritische Nachfrage zu den unzähligen Bestseller-Büchern, die uns versprechen, „der Mensch zu werden, der wir schon immer sein wollten“, beantwortete Roth mit einem Lächeln: „Das ist Marketing. Du kannst vielleicht lernen, ein bisschen weniger grantig zu sein, aber wenn du im Kern ein pessimistischer Morgenmuffel bist, wird dich auch das beste Buch nicht in einen strahlenden Optimisten verwandeln.“
Roth argumentiert, dass die meisten „Veränderungen“ lediglich Fassaden seien. Der Workshop, der dich angeblich in einen Charismabro verwandeln sollte, macht dich vielleicht ein bisschen lockerer im Smalltalk. Aber innerlich bleibst du immer noch die Person, die sich lieber mit ihrer Katze unterhält als mit Menschen.
Warum wir trotzdem versuchen, uns zu ändern?
Da gibt es einen evolutionären Grund, warum wir glauben, uns ändern zu können: Prinzip Hoffnung. „Hoffnung ist das, was uns am Leben hält. Und was uns dazu bringt, teure Coaching-Sitzungen zu buchen.“
Roth selbst hat übrigens auch schon versucht, seine Persönlichkeit zu ändern. Als notorischer Besserwisser wollte er weniger belehrend sein – was darin gipfelte, dass er anderen Menschen erklärte, wie sie aufhören könnten, besserwisserisch zu sein. „Es war ein Desaster“, gesteht er.

Learning: Akzeptiere deinen inneren Grizzly
Also, hör auf, dich selbst zu stressen, weil du nicht die strahlende Version deiner Persönlichkeit aus dem Selbsthilfebuch bist. Du kannst deine Persönlichkeit nicht komplett ändern – aber du kannst lernen, die beste Version davon zu leben. Du bist sowieso unveränderlich, also genieß es einfach.“ Vielleicht sollten wir uns weniger darum kümmern, wer wir sein könnten, und mehr darum, wer wir mit einer Tüte Chips und Netflix tatsächlich sind. Schließlich ist es doch viel cooler, der bestmögliche Grizzly zu sein, oder? 🐻
„Persönlichkeit ist wie ein schlechter Witz. Du kannst versuchen, ihn zu erklären, aber am Ende lachen nur die, die ihn sowieso schon mochten.“
Liebe Grüße
Hagen, der-informierer.de